Denn Du bist Du und ich bin ich. Meine Überzeugung ist es mehr denn je, dass dieses Ankommen Du in Dir und ich in mir dazu führt, dass die Einflüsse von Außen Dir und auch mir - also uns - weniger tangieren, weniger etwas anhaben können.
Damals hatte mein Partner mir deutlich gemacht, dass ein "Geschmeidiges-Zur-Seite-Schwingen" eine absolute Alternative zum "Immer-Aufnehmen-Und-Auseinandersetzen" darstellt. Das war mir bis Dato nicht gut möglich, da ich in meinem System jedes "Lerngeschenk" aufnahm und versuchte mit mir und meinem Handeln abzugleichen.
Das tue ich zwar auch heute noch, doch weiß ich um die Optionen. Dabei war mir das Bewusst - Werden eins der wichtigsten Elemente.
Durch Begegnung damals mit Kursen von Bodo Schäfer, Bücher von Rüdiger Dahlke und der unfassbar genialen Vera F. Birkenbihl entdeckte ich in mir meine Miss Marple - meine Detektivin in mir - auf der Suche nach Wegen, die allen hilfreich sein könnten.
Das Dankbar - Sein war ein Gedanke dazu - dem in benanntem Trainingslager weitere folgten und dann jeder weitere Schritt meines Weges.
Doch dankbar zu sein und darüber zu sprechen, ist das Eine, sich darüber bewusst zu werden, etwas ganz anderes. Zu dem Zeitpunkt des Trainingslagers ploppten Achtsamkeitsseminare und Literatur wie Pilze aus dem Boden - The Secret als Film war in aller Munde.
Doch ich erlebte bei meinen Klienten und Kunden die Verzweiflung, dass all die Dankbarkeit nichts nutzte und die aufsteigende Angst der Pandemie-Welle überrollte die Menschen, die mich um Hilfe baten. Die Begegnung mit der Erkenntnis, was Wirklichkeit und Angstmacherei war, wurde den Menschen zu großen Hilfe. Denn sie entdeckten die Dankbarkeit und die Demut als Ressource in sich.
Worin unterscheidet es sich, dankbar zu sein oder es zu sagen und es bewusst zu leben?
Wenn ich jemandem aufzeige, dass die Dankbarkeit eine große Rolle in unserem Leben spielt, dann nickt mein Gegenüber. Wenn ich jedoch nachfrage, wofür der Mensch dankbar ist, kommen eher globale Antworten, bei denen ich nicht wirklich nachfühlen kann, wo diese Dankbarkeit für den Menschen spürbar ist.
Dankbarkeit ist kein Kopfereignis. Es ist körperlich. Ich kann mir helfen, meiner inneren Dankbarkeit durch meine Gedanken auf die Spur zu kommen, indem ich mir z.B. auf der Toilette deutlich sage, dass diese regelmäßige Recyclinghof - Funktionalität außergewöhnlich ist - und mein Grinsen zeigt mir dann, dass ich es fühle. Vielleicht für Dich als Leser ein doofes Beispiel, doch wenn Du sagst: ich bin dankbar, dass Du lebst - wann sagst Du Dir das, wieso und wo fühlst Du es?
Wenn ich morgens aufwache, muss ich grinsen - nämlich weil ich wieder da bin und dann räkle ich mich in meinem Bett und genieße diese Sinn-Erlebnisse der Decke, die mich schützt und wärmt oder jetzt im Sommer den Unterschied zum herausgestreckten Fuß deutlich macht.
Das Räkeln des Körpers, der sich bewegen kann, der willentlich agiert - die Dankbarkeit fühle ich beim Schreiben gerade in meinem Bauch. In meinem Leben habe ich als Therapeutin sehr viele Menschen begleitet, deren Recyclinghofanlage nicht so regelmäßig und selbstverständlich funktionierten und ich habe direkt die Bilder der Menschen vor mir, die nicht wie ich morgens sich im Bett räkeln konnten...
Eine für mich sehr besondere Geschichte werde ich niemals vergessen, darin habe ich zum ersten Mal verstanden, was gelebte und gefühlte sarkastische Dankbarkeit bedeutet. In der Ausbildung zur Physiotherapeutin (das ist schon sehr sehr lange her 2001) - hatten wir einen Menschen zu Besuch, der uns seine Geschichte erzählte, wie er durch einen Unfall zum Rollstuhlfahrer wurde.
Seine Geschichte berührte und beeindruckte mich gleichermaßen. In jedem Moment seines Erzählens spürte ich meinen Körper, als wolle er mir sagen: ich kann das noch, ich bin noch da, spür mich, benutze mich. Ein sinnenhaftes Erleben und Hören.
Was aber so einprägend in mir hängen blieb: Er sagte nur den einen Satz, bevor er sich von uns verabschiedete: "Ich kann im Gegensatz zu Ihnen morgens erst genüsslich meinen Kaffee trinken, bevor ich zur Toilette gehen muss." Ich verstand diesen Satz genau bis zu meinem nächsten Morgen nicht... und dann spürte ich sie.
Trainingslager der Achtsamkeit entstanden 2020 zu Beginn der Pandemie
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